Der Chorgesang der Gemeinde Dienstedt

Geschichtliches

Der Chorgesang Dienstedts lässt sich urkundlich zurückverfolgen bis in das Jahr 1739 in dem die neuerbaute Dienstedter Kirche eingeweiht wurde. In der überlieferten Einweihungszeremonie ist von einem Chorus Musicus die Rede, der unter anderem die Prozession durch das Dorf begleitete.

 

Einweihungs-Predigt

Der Neu-erbauten Kirche zu
Dienstedt

Wie solche vom Hoch-Gräflichen Gleichen.Hatzfeldischen hochlöblichen {tip text="in der evangelischen Kirche ist ein Konsistorium eine kirchliche Verwaltungsbehörde"}Consistorio{/tip} zu Blankenhayn
Den 27.Oktober 1739 angeordnet, und über 1. Reg.IX.1.2.3 geachten Tages, in sehr volkreicher Versammlung gehalten werden von M. Johann Christoph ZELLERN / des Hoch-Gräfl. Gleichen-Hatzfeldischen {tip text="Erster Vorsitzender des Konsistoriums"}Consistorii Assessore Primario{/tip}, deren Grafen und Herrschaften Gleichen, Blankenhayn und Nieder-Cranichfeld {tip text="Superintendent; geistlicher Leiter eines Kirchenkreises"}Superintendente{/tip}, wie auch Pastore Primario und Scholarcha zu Blankenhayn.

Kirch-Einweihungs-Ceremonieu

An obenangezeigten Einweyhungs-Tage wurde von 11. bis 12. Uhr Mittags mit allen Glocken zu dreyen Pulsen geläutet, darauf die procession angestellet, dergestalt, daß die Schulkinder zuerst, hernach der Chorus Musicus, endlich der Gräfl. Herr Superincens, M. Johann Christoph Zeller, nebst dem {tip text="Ortspfarrer"}Pastore loci{/tip}, Herrn Adam Hofmann, und dem Pastore zu Rittersdorff, Herrn Erdmann Gottlieb Andrez, aus dem Pfarr-Hause, stille hinab giengen, und die unter den Linden, auf einem gemeinen Plaze versammlete Drey Herrische-Gemeinde, mit dem Gesang: "Lobet Gott unsern Herrn", unter Trompeten-Schall, zur Kirche leiteten. Da solch Lob- und Danklied ausgesungen war, trat der Gräfl. Herr {tip text="Superintendent; geistlicher Leiter eines Kirchenkreises"}Superint.{/tip} M. Johann Christoph Zeller vor die verschlossene Kirch-Thür, und eröffnete solche mit denen Worten:

Im Nahmen der heiligen und hochgelobten Dreyfaltigkeit, GOttes des Vaters, GOttes des Sohnes und GOttes des heiligen Geistes,

Krafft deß, dem Hochgräfl. Gleichen-Hatzfeldischen hohen Hause zustehenden höchsten Kirchen- und {tip text="Das Episkopalrecht verlieh einem Landesherren bischöfliche Rechte"}Episcopal{/tip}-Rechts öffne ich das Gottes-Haus und, wie es dem dryeinigen GOtt allein zu Ehren aufgebauet worden, so soll es Ihme auch allein zu seinem Dienst und Ehren heut übergeben, mit Gebeth geheiliget, und Christ-üblichen Gebrauch nach eingeweyhet werden.

Nach Eröffnung des Tempels wurde angestimmet: Veni sancte Spiritus , Gloria in excelsis Deo, musiciret; Joh.10,22 {tip text="bis zum Ende"}ad fin.{/tip} gelesen. Nach dem Liede: "Lob, Ehre, Preiß sey unserm Gott", {tip text="2. Buch der Chroniken Kapitel 5"}2. Chronic V{/tip} {tip text="Von Anfang bis zum Ende"}Caput totum{/tip} abgelesen, und nach geendiater Music, die vorgeschriebene Predigt gehalten. Danach wieder: Herr GOtt dich loben wir, mit Trompeten- u. Paucken-Schall gesungen, und endlich der ganze Einweihungs-Actus mit Collecte und Segen, und dem gewöhnlichen Lied: "Nun GOtt Lob es ist vollbracht" beschlossen.

 

In den Jahren 1746 bis 1776 werden in der leider nicht vollständig überlieferten Kirchenchronik mehrere ehemalige Chormitglieder genannt. In der Kirchenchronik lassen sich keine weiteren Aufzeichnungen zu den Tätigkeiten des Chores finden.

Bei Aufräumarbeiten in der ehemaligen Gemeindegaststätte wurden Originalurkunden über die Gründung eines Singvereins in Dienstedt am 24.02.1844 aufgefunden.

1858 war der Dienstedter Männer-Gesangsverein beim ersten Thüringer Sängertreffen in Rudolstadt anwesend.

Am 18.11.1903 erfolgte die Neugründung des Gesangs-Vereins. Auch hier sind handschriftliche Gründungsdokumente erhalten. Das gut gepflegte Protokollbuch enthält seitdem Aufzeichnungen über Zu- und Abgänge von Gesangskameraden als auch Notizen zu besonderen Anlässen.

Während des I. Weltkrieges fanden keine Singestunden statt. Bereits zu Kriegsbeginn wurden zahlreiche Mitglieder zum Militär eingezogen. Am 18.11.1919 wurde in einer der ersten Singestunden der gefallenen Kameraden gedacht.

1924 trat der Gesang-Verein Dienstedt dem Ilmgau-Sängerbund bei.

Ende 1933 wurde der Ilmgau-Sängerbund aufgelöst. 1934 trat der Gesang-Verein-Dienstedt dem "Deutschen-Sängerbund" bei. 1937, zur Zeit des Nationalsozialismus, wurden verschiedene Lieder verboten. Im Herbst 1938 wurde der Lehrer Erich Holz, Dirigent des Gesang-Vereins Dienstedt, verhaftet. Während des II. Weltkrieges ruhten die Tätigkeiten des Vereins. Die erste Singstunde nach dem Krieg fand am 01.10.1946 statt.

Im Herbst 1949 bestand das Bedürfnis, einen Frauenchor ins Leben zu rufen. Sehr schnell hatten sich Frauen und Mädchen zusammengefunden und der Gesang konnte beginnen.

In den 1950er Jahren wurde der Gesang-Verein-Dienstedt umbenannt in Volkschor Dienstedt und innerhalb des Chores ein Männerchor, ein Frauenchor und ein Mischchor aufgebaut.

Im Juni 2014 feierte der Chor auf dem Waidrasen mit einer Festveranstaltung sein 170-jähriges Bestehen. Der Anlass wurde gleichzeitig für ein Sängertreffen, ein Tanz und das zur Tradition des Chors gewordene Sonnenwendfeuer genutzt.[1] Der Chor zählt 26 Mitglieder, davon 18 Frauen. Adelheid Schurig ist Vereinsvorsitzende.[2]

Quellen
  1. Thüringer Allgemeine vom 20.06.2014 : https://www.thueringer-allgemeine.de/leben/vermischtes/volkschor-feiert-jubilaeum-id220186017.html
  2. Thüringer Allgemeine vom 24.06.2014 : https://www.thueringer-allgemeine.de/leben/unterhaltung/maenner-und-frauen-mit-lust-am-singen-gesucht-id220195115.html