Bericht von Paul Lehfeld

Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Paul Lehfeld (1848 - 1900) beschreibt die Kirche Dienstedt in seinem 1888 erschienenen Werk Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens wie folgt:

Dienstedt, 14,9 (14) km westsüdlich von Blankenhain; gehörte im vorherigen Jahrhundert zugelich zu Weimar, Blankenhain und Schwarzburg-Rudolstadt, wohl das Denstete minor im erfurter Augustiner-Einsielder-Verzeichnis (Martin, im Thüring. Vereins Zeitschrift 1886 (N.F.V), S. 133)  kam 1811, bezw. 1815 von Schwarzburg-Sondershausen bezw. Kursachsen an Weimar - Histor.-geogr. Beschr. d. herzogl. sächs. Lande 1796, S 106. - Kronfeld, Landesk II, S. 56.Stark, in Thüring. Vereins-Zeitschr. II, S. 155 über Siegel.

Die Kirche

Grundriss-Form: . Chor und Langhaus sind zusammen 21,3 m lang, 9,8 m breit, der Westturm im Erdgeschoss 4,8 m lang und 5,1 m breit. Dieser ist romanisch. In seinem Erdgeschoss ein rippenloses Kreuzgewölbe, an der Südseite ein später rechteckig vergrössertes Fenster, an der Westseite eine Spur einer ehemaligen Triumphbogen-Oeffnung [zu dem einst hier westlich angebauten Raum]; im Mittelgeschoss an den drei dreien Seiten gepaarten, ungewöhnlich große, jetzt vermauerten Rundbogen-Fenster, darüber kleine Schlitze; im oberen Geschoss ist die Südwand in ihrem mittleren Stück auf viel Consolen um einige Decimeter verstärkt, eine Vorkragung, die sich eher als Rest einer Construktion, den Thurm verteidigungsmässig zu gestalten, erklärt, als aus künstlerisch kirchlichen Gründen. Wohl 1605 (Anmerkung: korrekt ist 1739) wurde die Flachbogen-Thür an der Thurm-Westseite (Anmerkung: 1605 ist der Turmbogen in die Höhe gebaut) (Jahreszahl an derselben) angelegt und [an Stelle des früheren Westbaues (Anmerkung: das war das alte Langhaus der alten Kirche) und vermutlich auch ein Ostapsis (Anmerkung: kann nicht bestätigt werden, da dort nur eine glatte Mauer ist)] östlich an den Thurm das jetzigen Langhaus mit Chorschluß gebaut, 1736 (Jahreszahl über der Innenthür) wiederhergestellt; dasselbe bietet mit seinen rechteckigen Fenster- und Thür-Oeffnungen und der im Querschnitt:  construirten Holzdecke nichts Bemerkenswerthes. Die letzte Reparatur fand 1886 statt, wobei der Thurm zur Verspannung außen zahlreiche Stangen mit gusseisernen Rosetten bekam, deren Sicherheit (bei den zu dünnen Schrauben) zweifelhaft, deren Unschönheit sicher ist. Geschmackvoll dagegen ist der achteckige Thurmhelm mit Dach-Erkern an den Seitenflächen.

Taufstein

Aus dem 18. Jahrhundert, Fuss und Schaft rund, Becken im Aufriss geschweift, in der oberen Ansicht von der Form . Sandstein. Darauf ein Holzdeckel aus neuerer zeit (Anmerkung: von 1839).

Kanzelbau

Hinter dem Altar, aus dem 18. Jahrhundert. Hohe gepaarte korinthische Pilaster und durchbrochene Einfassungs-Bretter; in der Mitte die im Grundriss:  vortretende Kanzel mit Fruchbündeln an den seitlichen, einer Cartouche an der vorderen Fläche. Auf dem Gebälk der Pilaster, in dessen Mitte der Schalldeckel vortritt, ruht der hohe, geschweift ausgeschnittene Giebel; Auf diesem zwei Engel mit den Sinnbildern des Glaubens und der Liebe, bezw. der Hoffnung. (Anmerkung: in der Mitte das der Liebe, mit dem seine Jungen mit dem eigenen Fleisch fütternden Pelikan darunter), Holz.

Altargemälde

Dreiflügelbild aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts (Anmerkung: 1577) geöffnet und als Verschlag des Orgelgehäuses verwendet; dies fand aus Schamhaftigkeit statt, damit die Gemälde der Außenseiten, Adam und Eva in grossen, nackten Figuren darstellend, den Blicken der Gemeinde entzogen würde. (Man erkennt Einzelheiten zwischen den einzelnen Balken des Orgelgehäuses von dessen Innern aus). Die Innenseiten der Flügel stellen (links) die Verklärung, (rechts) die Taufe Christi dar. (Anmerkung: folgender Spruch steht dort Herr.....ist gut sein, willst du, das ich mein lieben Sohn, welcher Fürwahr ertrug unsere Krankheit und lud auf sich.....); auf dem Mittelbild die Kreuzigung. Oben Sprüche. Es waren Kunstwerke bedeutender Art, in verhältnismässig grossen Figuren von hoher Künstlerschaft der Composition und freier, schwungvoller Zeichnung; dies bekundet sich an der Kreuzigung, die, in der Gruppirung Christi zwischen Johannes und Maria wie alle diese Darstellungen das Vorbild des Schongauer's (Anmerkung: kirchlichen Maler und Kupferstecher) nicht verleugnend, ein reiches Stadtbild im Hintergrunde zeigt, und an den prächtigen Bewegungen auf dem Bild der Taufe, auf dem z.B. der Johanneskopf die frühere Schönheit ahnen lässt. Im Uebrigen sind aber die Bilder (auch die ornamentirten Rahmen) wohl im 18. Jahrhundert, vielleicht auch später, so gründlich übermalt worden, dass von dem alten Kunstwerk nichts geblieben ist; auch kaum durch Restaurirung wieder zum Vorschein kommen dürfte.

Kelch

aus dem 17. Jahrhundert, hübsch. Sechspass-Fuss, am gedrückt-kugeligen Knauf Würfel mit Jesus, Silber, vergoldet, 20 cm hoch.

Kelch

mit: J.J. Henkel 1780 unter dem Sechspass-Fuss; Knauf aus dem 18. Jahrhundert rund mit Eiern. Silber, vergoldet, 18 cm hoch.

Kelch

mit Katharina Kämpfin 1743 an der Kuppe, Schaft in mehreren Knäufen gebaucht. Kupfer, vergoldet, 22½ cm hoch (Anmerkung: außer Gebrauch).

Bildnis

des ersten evangelischen Pfarrers Goldelius, † 1605 (Anmerkung: korrekt ist 1612) Oelgemälde (Anmerkung: von 1830).

Glocken

1) und 2) 1831. - 3) 1821.

Kirchhof

Mauern aus dem Mittelalter, mit Schiessscharten, wie der Kirchthurm auf Vertheidigung berechnet.

Grabsteine

Mehrere Grabsteine der Familie Kämpfe, aus dem 18. Jahrhundert, mit Inschriften etc., der beste, der für die zwei Kinder des Joh. Nicl. Kämpfe 1738, eine gepanzerte Frauengestalt, welche sich auf den Inschrift-Schild stützt, Sandstein.

Grabkreuze

Grabkreuze aus dem 18. Jahrhundert mit Rankenarmen. Schmiedeeisen.